Samstag, 12. Mai 2012

Samuel Koch: Zwei Leben

Samstag Abend. Es ist der 4. Dezember 2010. Wir freuen uns auf einen entspannten Fernsehabend mit “Wetten dass…”. Die Show sollte nicht lange gehen. Schon bei der ersten Wette verunglückte der Kandidat. Blieb nach einem missglückten Salto über das Auto, welches sein Vater fuhr, besinnungslos liegen. Das Entsetzen spüre ich heute noch. Die Situation hat sich ins Gedächtnis eingegraben. Auch das Erschrecken der Showmaster, der erstmalige Abbruch dieser Sendung. Zu schlimm war es, dass ein Wettkandidat verunglückte. Sein Name: Samuel Koch.

Nachbarn

Er stammt aus einem Ort, keine 13 Kilometer von meinem Wohnort entfernt. Sozusagen ein Nachbar. Unsere jungen Leute kannten ihn. Das schaffte noch mal einen Bezug zu diesem jungen Mann. Und dass er Christ wäre…
Auf das angekündigte Buch habe ich schon länger gewartet. Und es kürzlich gelesen. In einem “Rutsch”, denn seine Schilderungen lassen einen nicht los. Lassen mich nicht los. Ziemlich schnörkellos – und erstaunlich ehrlich geschrieben, wie ich finde. Ich erfahre Vieles aus seinem “Vorleben” (vor dem Sturz). Sein Ausprobieren von körperlichen Grenzen. Sein Austesten verschiedener Lebensgebiete. Die Bundeswehrära kommt zu Wort genau wie seine Anfänge als Schauspielstudent.


Der Sturz und die Folgen

Die Umstände vor, während und nach seinem Sturz bilden natürlich das Zentrum dieses Buches. Eigene Erinnerungen, Schilderungen von Verwandten und Freunden, Medienberichte – all das ergibt ein detailliertes Bild, wie es zur Wette und dem Unfall kam.
Was den Leser – mich – dann doch ziemlich mitnimmt, sind die Schilderungen im Krankenhaus, in der Reha in einer Schweizer Klinik. Der Schmerz, die Unfähigkeit, sich zu bewegen, zahlreiche Operationen mit mässigem Erfolg – und immer wieder muss der junge Sportler, dem Bewegung Lebenselexier war, mit dem Gegenteil fertig werden. Dass er dabei seinen Humor meist nicht verliert, ist zum Staunen. Und eine Art, wie sein offen geäusserter Glaube ihm dabei hilft.

Kämpfe und Hoffnungen

Gut im Buch finde ich die verschiedenen inneren Kämpfe und Überlegungen, die Samuel Koch beschäftigen. Da fühlt er, wie der Staub des Raumes sich auf ihm niederlässt, ihn unter sich begraben will. So hilflos fühlt er sich… Und doch schimmert immer wieder sein Lebenswille und die Hoffnung auf Besserung durch. Die doch nicht so schnell kommt, wie alle hoffen.
Gut finde ich die immer wieder eingestreuten Kommentare von Pflegepersonal, Mitstudenten, Angehörigen. Auch gut finde ich, wie die beiden Autoren (mit Christoph Fasel) den Stellenwert der Medien erleben und beurteilen. Und trotz manches negativen Erlebnisse ihrerseits scheint mir ihre Einschätzung diesbezüglich sehr realistisch zu sein.
Ebenfalls gut fand ich, dass die Showgrössen Gottschalk und Hunziger nicht eine breite Blattform bekamen, aber sehr menschlich geschildert wurden.
Alles in allem ein sehr wertvolles Buch. Echt empfehlenswert zu Lesen. Weil es ermutigt, trotz plötzlichen Schicksalsschlägen weiterzukämpfen und sich halten zu lassen von Dem, der alles in seinen Händen hält.

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