Ich bekam es von guten Bekannten in die Hand gedrückt – das Buch „eXzess“ von Dario Pizzano.
Und obwohl sich auf meinem Nachttisch noch diverse andere ungelesene Lektüre stapelt, blieb ich nach dem ersten Hineinschnuppern in diese Autobiographie auch bei ihr hängen. Und hatte sie nach kurzer Zeit durchgelesen.
Die Geschichte des kleinen Jungen, der extrem unter Ängsten und der zerrütteten Beziehung seiner leiblichen Eltern leidet, berührt mich. Die Bewunderung seines Vaters, der aus Italien kommend, in Deutschland aus „nichts“ ein grosses Restaurant entstehen lässt, prägt viele Jahre sein Leben. So will er auch werden.
Aber da ist die Einsamkeit, die ihn immer wieder zerreist. Keiner sieht ihn, wie er wirklich ist. Keiner nimmt sich die Zeit, bei ihm tiefer einzusteigen. Dario lernt, nach aussen perfekt zu schauspielern, der coolen Jungen – später Mann – zu geben.
Mit 13 Jahren zieht er zu seinem Vater, obwohl der ihn nicht gebrauchen kann. Aber der Teenager setzt sich durch, bleibt in einer eigenen Wohnung, die bald zum Partytreffpunkt wird. Alkohol, später Drogen, bestimmt von nun an für Jahre sein Leben. Für die Schule bekommt er nach zig Fehlstunden und Rausschmiss doch noch eine zweite Chance, die er nutzt. Die Ausbildung zum Industriekaufmann folgt. Danach legt er Platten auf, wird Clubchef und erfolgreicher Eventmanager. Aber fast immer unter Strom, angetrieben vom Wunsch, die Anerkennung seines Vaters irgendwann doch noch zu bekommen, auf der Flucht vor zunehmenden Todesängsten werden die Drogen immer härter und seine Frauenbeziehungen immer kürzer.
Und dann kommt diese Gottesbegegnung, die sein Leben total auf den Kopf stellt. So intensiv, so tiefgreifend. Und zum ersten Mal im Leben wird er angenommen, so, wie er ist. Fühlt sich verstanden und geliebt. Und legt in Folge bei einem Priester eine Lebensbeichte ab, die ihn unwahrscheinlich erleichtert. Es wird noch viel Zeit vergehen, bis er sein Leben aufgearbeitet hat. Eine Hilfe dabei ist, dieses Buch zu schreiben.
Es ist ehrlich, brutal offen, erschreckend klar für Leute, die kaum oder keine Drogenerfahrungen haben. Aber es ist auch literarisch spannend geschrieben: Der Wechsel zwischen Gegenwart und Rückblenden lässt einem das Buch nicht aus der Hand legen. Mich haben auch seine Freunde fasziniert, die in verschiedenen Lebensphasen tapfer zu ihm gehalten haben, ihn hindurch trugen, ihn auffingen.
Besonders berührt aber hat mich zum Schluss der Brief an seinen Vater – demütig und doch klar, um Vergebung bittend und doch… aber das muss man selber lesen!
Dario Pizzano: Exzess – Meine zwei Leben; Gebundene Ausgabe: 272 Seiten; Verlag: Pattloch (11. März 2010); Sprache: Deutsch; ISBN-10: 3629022421; ISBN-13: 978-3629022424 http://www.amazon.de/gp/product/3629022421/ref=cm_cr_asin_lnk
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen