In der letzten Diskussion über den Gazakrieg Israels liess er oft die anderen Studiogäste nicht ausreden, griff ziemlich hart an. Nein, ich mochte ihn bisher nicht so richtig…
Aber letztens frug mich ein Kollege: “Sag mal, kennst du eigentlich das Buch, was der Friedmann geschrieben hat?” – “Was, der hat ein Buch geschrieben?” – “Ja, es handelt – obwohl nicht autobiografisch – auch von seiner Familie und welche schweren Zeiten sie durchgemacht haben.”
Dann brachte er mir dieses Buch mit. Am selben Abend las ich es schon fast durch. Kurze Kapitel. Sehr knappe Sätze mit stark formulierten Gedanken. Friedmann sagt von sich:
Seine Romangestalten strahlen sehr viel Wehmut, Schmerz und Trauer aus. Unfassbar, welches Grauen Juden im Nazideutschland erlebten. Und auch als Überlebende damit nicht fertig wurden/werden. denn die Toten und deren Sterbeumstände sind immer präsent.“Ich bin aufgewachsen auf einem Friedhof. Als kleines Kind habe ich gefühlsmäßig, später auch im Wissen feststellen müssen, dass fast fünfzig Menschen, Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen meiner Familie tot sind, ermordet von Deutschen. Und meine Mutter, mein Vater, meine Großmutter die einzigen Überlebenden waren. Das prägt.”
Es ist ein bedrückendes Buch, aber die leisen Töne, die vielen Fragen und das Leid greifen einem beim Lesen an. Nicht nur Trauer und Wut, sondern auch Hoffnung schimmert durch die – oft sehr sensibel formulierten – Sätze.
Ein völlig neuer Friedmann, der sich mir aufgetan hat. Und auch Verständnis weckt für seine Diskussionsfreudigkeit, seine Leidenschaft, gegen Antisemitismus zu Felde zu ziehen und das Nachhaken in Sinn- und Lebensfragen. Es gibt keine billigen Antworten, aber als Leser wird man sehr nachdenklich.
Ich freue mich schon darauf, Herrn Friedmann mal wieder auf dem Bildschirm zu erleben. Und werde eine andere Brille aufhaben…
Hier gibt es noch einen Artikel zum Buch und zu Michel Friedmann.
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